DNA-Diagnostik sorgt für optimale Medikamentenwirkung

 

Wie sieht die Medizin von morgen aus? Ein Baustein wird sicherlich die individualisierte Medikation sein. Passgerechte Arznei für den Einzelnen. Denn genau so unterschiedlich wie Menschen sind, so unterschiedlich wirken auch Medikamente. Was die Forschung heute weiß und was heute schon in der praktischen Anwendung möglich ist, zeigte eine Veranstaltung in der IHK, organisiert von healthcare.saarland, angesiedelt bei saar.is, und der Gesundheitsregion Saar.


Warum wirken Medikamente, z.B. Antidepressiva, bei den einen, bei den anderen aber nicht und sind manchmal sogar ungeeignet? Wie können Medikamente so eingesetzt werden, dass sie für den Patienten bestmöglich wirken oder unangenehme Nebenwirkungen minimieren oder ganz  vermeiden? Diese spannenden Fragen stellt sich die pharmazeutische Forschung und kann auch immer mehr Antworten darauf geben: „Seit der Entschlüsselung des humanen Erbguts und den sich anschließenden rasanten Fortschritten in der Genomforschung haben wir heute ein wesentlich besseres molekulares Verständnis für Arzneimittelunwirksamkeit und -unverträglichkeit. Es kommt auf die „Werkzeuge“ im Körper an, die dafür sorgen, ob ein Medikament in idealer Weise wirken kann oder nicht“, erklärt Dr. Anna C. Eichhorn, Biochemikerin und Genetikexpertin. Man hat festgestellt, dass Variationen im Erbgut die Wirksamkeit und Verträglichkeit von vielen Medikamenten beeinflussen. Die individuelle Gen-Ausstattung führt unter anderem zu einem von Mensch zu Mensch unterschiedlichen Medikamentenstoffwechsel. Ein Beispiel: Antidepressiva; diese Medikamente sind sogenannte aktive Substanzen, die vom Körper wieder abgebaut werden müssen. Die hierfür benötigten Enzyme (Werkzeuge) unterliegen genetischen Variationen, die sich auf deren Aktivität auswirken. Die Anwendungs- und Dosierungsempfehlungen auf den Beipackzetteln sind jedoch lediglich für die Patienten zutreffend, deren Enzyme sämtlich den Normaltyp aufweisen. Dies sind in Kombination jedoch nur etwa die Hälfte der Menschen. Für alle anderen ist es je nach Wirkstoff und vorliegenden Enzymtypen erforderlich, die Dosis zu senken oder anzuheben. In einigen Fällen können einzelne Medikamente sogar gänzlich ungeeignet sein, egal in welcher Dosierung. Aussagekräftige Informationen darüber können Patienten und Ärzte heute über eine Blutprobe und einen DNA-Test im Labor  erhalten: „Eine solche Analyse vor der Arzneimitteltherapie ermöglicht eine individualisiertere Substanzauswahl und Dosierung gerade auch bei etablierten Medikamenten wie Generika“. so Eichhorn. Vereinfacht gesagt: die heute übliche Standarddosis ist für viele Patienten nicht oder nur begrenzt geeignet.

Wirkstoffe werden kontinuierlich weiter erforscht und analysiert.

Wie ist die Situation in der heutigen Praxis? „Bisher erfolgt noch kaum eine Einbeziehung genetischer Parameter in die Therapieplanung“, so die Wissenschaftlerin, „obwohl einige Wirkstoffe pharmakologisch schon gut untersucht sind“. Demnach liegen schon zahlreiche Datensätze vor, die z. B.  bei Herz-Kreislauferkrankungen, Brustkrebs und Depressionen zum Einsatz kämen. Schritt für Schritt geht es in der pharmakologischen Forschung voran. „Jährlich werden etwa fünf bis zehn weitere Wirkstoffe erforscht“, weiß Prof. Thorsten Lehr, Juniorprofessor an der Universität des Saarlandes.

Individuelle Maximaldosis unterscheidet sich oft von der Standarddosierung.

Der Internist Dr. Jörg Odewald aus Steinbach ist  einer der wenigen Ärzte, die die DNA-Tests den Patienten bei Bedarf anbieten. Er  machte bisher sehr gute Erfahrungen damit: „Diese Genuntersuchung sagt beispielsweise aus, wie hoch die maximale Dosierung bei einem Wirkstoff sein sollte. Diese unterscheidet sich häufig erheblich von der Standarddosierung auf dem Beipackzettel. Für meinen Praxisalltag, bei dem ich alle Medikamente eines Patienten aufeinander abstimmen muss, ist diese Information sehr hilfreich, um den Patienten optimal zu therapieren“.  Noch bezahlen nicht alle Krankenkassen die Tests, die zwischen 160,- Euro und 495,- Euro kosten. Die medizinische Entwicklung macht aber ungeheure Fortschritte, so dass sich in diesem Bereich in den nächsten Jahren viel verändern wird.

 

 

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