Prof. Josef Hecken beim Forum Gesundheit:
Ist Gesundheit in Zukunft noch finanzierbar?
Prof. Josef Hecken ist einer der besten Kenner des Gesundheitswesens in Deutschland. Und das aus verschiedenen Perspektiven: als Gesundheitsminister im Saarland, als Präsident des Bundesversicherungsamtes und aktuell als unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses. Die Gesundheitsregion Saar e.V. wusste, dass er ein Freund deutlicher Worte ist, als sie ihn zum Vortrag über die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens einlud.
Mit der Gesundheitspolitik der letzten zehn Jahre ging er entsprechend hart ins Gericht. Notwendige Strukturreformen: Fehlanzeige. Dagegen teure Leistungsausweitungen mit meist zweifelhafter Wirksamkeit. Entsprechend düster viel sein Blick auf die Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems aus, insbesondere mit Blick auf die demografische Entwicklung. Diese führe zu weniger Einnahmen aufgrund der zurückgehenden Zahl von Erwerbstätigen und gleichzeitig stark steigenden Ausgaben durch den medizinisch-technischen Fortschritt und die zunehmende Zahl älterer Menschen.
Aber Hecken machte auch Vorschläge zur Abwendung der desaströsen Entwicklung. So eine Erhöhung der Beitragsbemessungs- und der Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung, was aber niemand zu fordern traue. Auch höhere Zuzahlungen der Patienten, Rückzahlungsanreize für jüngere Versicherte, ein dreistufiges Krankenhaussystem und eine strengere Nutzen- und Methodenbewertung könnten das System entlasten. (siehe dazu auch die Folien zum Vortrag im Link).
Im anschließenden Rundgespräch wurde die Situation im Saarland aus Sicht der Leistungserbringer beleuchtet. So forderte Dr. Thomas Jakobs, Geschäftsführer der Saarländischen Krankenhausgesellschaft, sofortige Hilfen für die Kliniken, die aufgrund der explodierenden Einkaufs- und Energiepreise in einer akuten Notlage seien. Auch San. Rat Dr. Gunter Hauptmann, als Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung, und Kerstin Seyffardt, Vorstandsmitglied der Apothekerkammer des Saarlandes, verweisen auf die steigenden Ausgaben für die Praxen und Apotheken, vor allem für Energie und Personal. Deshalb warnten sie vor weiteren Belastungen, wie sie im jüngsten Entwurf der Bundesregierung für ein Finanzstabilisierungsgesetz vorgesehen seien. Martin Schneider, Leiter Landesvertretungen der Ersatzkassen, kritisierte diesen Gesetzesentwurf ebenfalls. Dieser sehe vor, dass das im Jahr 2023 erwartete Defizit der Krankenkassen in Höhe von 17 Milliarden Euro vor allem durch die Beitragszahler getragen werden solle. Für die Krankenkassen sei eine gerechte Lastenverteilung und eine nachhaltige Finanzierung über 2023 hinaus wichtig.
Fazit der Veranstaltung: Das Gesundheitswesen steht vor enormen finanziellen Herausforderungen. Und dies, wie der Vorsitzende der Gesundheitsregion Saar Werner Schreiber, Minister a.D., bereits zu Beginn sagte, in einer Zeit, in der der Staat durch Pandemie, den Krieg in der Ukraine, Klimawandel und die Entwicklung der Energiepreise in bisher unbekanntem Maße gefordert ist.
Axel Mittelbach
Fotos: Dirk Guldner